Interview mit Boxtrainer Michael Kozlowski

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Michael (links) mit seinen Schützlingen, in der Mitte Christina Hammer (im türkisen Shirt)

Im Dezember haben wir noch ein Interview mit dem in Fachkreisen durchaus berühmt und berüchtigten Boxtrainer Michael Kozlowski aus Brooklyn in New York City per Skype durchgeführt. Zum Jahresbeginn 2016 nun dieses ganz besondere Schmankerl für Euch:

Mitte Dezember 2015 war auch gerade Christina Hammer, Deutsche Boxweltmeisterin im (Super-) Mittelgewicht bei Michael zu Besuch. Sie machte zu der Zeit für zwei Wochen Urlaub in New York und schaute natürlich wie für jeden interessierten Boxer typisch, im berühmten Gleason´s Gym in Brooklyn vorbei, in welchem Michael als Trainer arbeitet, um seinen Boxstil mal kennenzulernen.

Die beiden haben sich sehr gut verstanden, schon allein aufgrund ihrer gemeinsamen Historie: beide stammen aus Kasachstan.

Michael ist in den USA in der Boxszene eine echte Berühmtheit, aber auch international hat er in der Vergangenheit bereits einigen amtierenden Boxstars durch seine überzeugenden Trainingsmethoden wesentlich zu ihrem Erfolg verholfen. Und in Fachkreisen gilt er ohnehin schon seit Jahren als einer der besten Boxtrainer weltweit.

Michael beim Training

Michael beim Training (Foto@FirstPunch)

Michael ist aktuell 55 Jahre alt, er ist wie erwähnt in Kasachstan geboren und bezeichnet sich selbst als einen Trainer mit einem „Old-School-Style“, d.h. in seiner Sprache er macht kein großes Spektakel, sondern er achtet zunächst auf die harte Arbeit für die Kämpfer, was innerhalb einer sogenannten „Society of Spectacles“ wie Amerika es generell ist, eine Ausnahme darstellt. Er selbst ist Vater von insgesamt drei Kindern, zwei erwachsenen Töchtern sowie einem zum Zeitpunkt unseres Interviews gerade erst 3 Wochen alten Sohn.

Das Dorf, in welchem Michael Kozlowski in Kasachstan geboren wurde, bestand nach seiner Aussage aus ganzen 11 Häusern insgesamt. Jeder spielte dort  damals „Hockey“, er natürlich auch und im Alter von 10 oder 11 Jahren träumte er bereits davon, mal ein großer Champion zu werden, wenn er älter sei und vor allem natürlich, berühmt zu werden. Und auch wenn er bald schon merkte, dass er dies selbst als Sportler eher nicht schaffen würde, so gab er diesen Traum niemals auf und hat es nun somit als Boxtrainer zu einem sehr hohen Bekanntheitsgrad in Fachkreisen geschafft.

Gerade in einem Pflaster wie New York City ist dies nicht allzu einfach: so gibt es allein in New York City offiziell 700 registrierte Boxtrainer. Da sich aber nicht jeder von ihnen registrieren lässt, ist mit einer reellen Zahl von vermutlich mindestens 1.000 Trainern oder mehr dort in der Gegend zu rechnen.

Im Jahr 2012 erhielt Michael Kozlowski schließlich die Auszeichnung des „Coach of the Year“, da er in dem Jahr insgesamt drei seiner Boxer zu Champions mit mindestens einer gewonnen Gold-Medaille und einem weiteren mit Silber-Medaille gemacht hatte.

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(Foto@FirstPunch)

Gold gab es damals für Yegor Plevako, Juan Roman und Kamil Abdulshanov, Silber für Jeremy Fiorention. Koslowski formte somit erstmals in der Geschichte der „New York Golden Gloves“ Turniere ein sogenanntes „Goldenes Team“.

Michael war zudem einer der letzten russischen Trainer, welcher eine Auszeichnung vom Staat in Russland erhielt. Als Boxtrainer begann er dort bereits in den 80er Jahren zu arbeiten.

Schon im Jahr 1995 verließ er aber Russland, da er dort keine weiteren Entwicklungsmöglichkeiten für sich in der Zukunft sah. Interessanterweise genau zu dem Zeitpunkt, als sich dort im Boxen stilmäßig alles änderte und sich der von ihm eingeführte Stil fast durchgesetzt hatte. Zuvor wurden die Kämpfe dort regelmäßig nach 3 Runden beendet, er aber hatte einen neuen härteren Stil entwickelt, der über mehrere Runden ging. Es wurde seiner Aussage nach wesentlich stärker an der Abwehr gearbeitet, es war fast „wie im Ballett“, man „umtänzelte“ quasi den Gegner, es wurde vermehrt auf Beinarbeit geachtet.

In Amerika fand er als dort vorherrschenden Stil jedoch ein sehr hartes Boxen vor, die Kämpfer hätten sich seiner Aussage nach fast gegenseitig geradezu “gekillt”. Er aber hat seinen Stil auch dort beibehalten und so langsam in der gesamten Szene durchgesetzt, während er diesen über die Jahre sogar noch weiter verfeinerte.

Auch ganz kleine Leute werden trainiert :-)) Foto@FirstPunch

Auch ganz kleine Leute werden trainiert :-) Foto@FirstPunch

Der Weg von Michael vor Ort in Amerika begann direkt im legendären Gleason´s Gym. Als er dort ankam, arbeiteten die Trainer seiner Beobachtung nach quasi wie „Waiter“ als Kellner gegen Trinkgeld, die meisten hatten nicht einmal eine richtige Ausbildung als Boxtrainer. Er aber hatte den Ehrgeiz, es von Anfang an anders machen und hat mit seinen Schützlingen sehr hart trainiert und gearbeitet – er war tagein tagaus im Gym. Es gab keine Nettigkeiten! Auf diese Weise erarbeitete er sich schnell einen gewissen Ruf, ebenso wie durch seine völlig anderen Trainingsmethoden.  Er war nicht nur freundlich, sondern er verlangte seinen Kämpfern regelrecht etwas ab und forderte diese. Nun, berichtet er stolz, schreit er die Boxer an, um diese zu Höchstleistungen anzutreiben und sagt diesen ehrlich und offen ins Gesicht, was ihm nicht passt und was verbesserungswürdig ist, und dafür bezahlen sie ihn und wenn er sie noch lauter anschreien würde, sagt er, würden sie ihm vermutlich noch mehr bezahlen seiner Meinung nach. Übersetzt heißt dies, sie wissen seine Strenge und Härte zu schätzen. Der Erfolg gab und gibt ihm schließlich recht!

Das Training ist hart, aber effektiv … (Foto@FirstPunch)

Das Training ist hart, aber effektiv … (Foto@FirstPunch)

Michaels Ansicht nach ist neben der strengen Disziplin, die er verlangt, zudem das entscheidende Kriterium im Boxsport die Beherrschung der richtigen Technik. Entweder ein Kämpfer ist, wie er es nennt „blessed“, dann kann dieser alles schaffen und Champion werden, oder er ist es nicht. Im letzteren Fall habe es leider oft keinen weiteren Sinn, mit diesem zu arbeiten. Auch solche Fälle gibt es und diese müsse man klar erkennen und entsprechend handeln.

Wer in New York Urlaub macht und am Boxsport interessiert ist, sollte es sich daher nicht entgehen lassen, einen Abstecher nach Brooklyn zu machen und im Gleason´s vorbeizuschauen! Die Seite von Michael lautet Boxingcoachmike.com

Teil 2 folgt!

 

Deutschlands jüngster Boxprofi Jann Kulik

Jann Kulik mit Trainer Sebastian Tlatlik

Jann Kulik mit Trainer Sebastian Tlatlik

Am Samstagnachmittag fand in Essen Steele in den Räumlichkeiten von „Boxing Industrie“ von Sebastian Tlatlik ein bisher von der Öffentlichkeit eher unbemerktes, für die Deutsche Boxwelt jedoch unter Umständen zukünftig durchaus bemerkenswertes Ereignis statt: der 16-jährige Jann Kulik bestritt seinen ersten Profikampf, welchen er natürlich auch direkt gewonnen hat.

Das hört sich zunächst unspektakulär an, ist es aber nicht!

Denn Jann ist mit seinen 16 Jahren damit gleichzeitig der jüngste Boxprofi in Deutschland.

Einzug in den Ring

Einzug in den Ring

Für Jann ist der Boxsport aber nichts wirklich Neues, im Gegenteil, bereits bis zu seinem 14 Lebensjahr boxte er sich erfolgreich als Amateur durch insgesamt 40 Kämpfe, von denen er ganze 39 siegreich für sich entscheiden konnte. Er war 2 mal Deutscher Meister im Amateurbereich bei den Kadetten U 16 und schließlich Mitglied im Nationalkader bei den Europameisterschaften, wo er im Alter von 14 Jahren bei den Europameisterschaften in Dublin teilnahm. Leider erreichte er dort in einem sehr unglücklich zu seinen Ungunsten entschiedenen Kampf schließlich nur den 5. Platz.

Während des Kampfes ...

Während des Kampfes …

Aufgrund mehrfacher Verletzungen an beiden Daumen – der linke war zweimal gebrochen, der rechte sogar dreimal – hängte er im zarten Alter von 14 Jahren daher den Boxsport zunächst für einen Zeitraum von 2 Jahren „an den Nagel“, hielt sich in der Zeit aber weiterhin im Fitnessstudio mit Bodybuilding fit.

Den Kampf am Samstag gewann Jann in der 3. Runde durch technisches KO (TKO). Allerdings führte er direkt in der 1. Runde mit Punkten, bereits in der 2. Runde wurde sein Gegner Sergei Vib vom Ringrichter angezählt, konnte sich aber zunächst noch in die 3. Runde hinüberretten. Auch ihm gilt unser Respekt, da er sich trotz Janns überlegenem Kampfstil zäher als erwartet auf den Beinen halten konnte.

In der Ecke mit dem Ringrichter

In der Ecke mit dem Ringrichter

Der Vater von Jann ist Christoph Kulik und in Fachkreisen als die personifizierte „Waage“ vor jedem größeren Box-Event im Ruhrgebiet und Umgebung bekannt. So lag das Boxen für Jann natürlich als Wunschsportart nah. Nach der Trennung seiner Eltern entschied Jann sich bei seinem Vater zu bleiben, die Beiden sind quasi unzertrennlich.

Der Gegner muss einiges aushalten ...

Der Gegner muss einiges aushalten …

Neben dem Boxen nimmt sich Jann aber noch viel Zeit für anderes, z.B. zählt Kochen und Backen zu den liebsten Hobbies des 16-jährigen. Am liebsten kocht er asiatisch, was sicherlich auch an dem letzten Urlaub mit seinem Vater in Thailand zusammenhängt. Das Kochen habe er als er noch klein war, von der Oma gelernt, wie er sagt.

Ansonsten fährt er gerne Ski oder geht Laufen. Und im letzten Sommer entdeckte er das alten Rennrad seines Vaters im Keller und hat mit diesem gleich an einem Wochenende die „Tour de Ruhr“ gemacht, von der Quelle aus in Winterberg bis sie in der Nähe von Duisburg in den Rhein mündet.

Rappelt er sich noch einmal auf?

Rappelt er sich noch einmal auf?

Neben diesen ganzen Aktivitäten ist Jann – kaum zu glauben – auch noch ein sehr guter Schüler, der fast nur Einsen schreibt. Seinen Vater jedenfalls fasziniert die Selbstdisziplin seines Sohnes, um nicht zu sagen, dass diese Einstellung ihm selbst das Alltägliche sehr erleichtert.

Auch in Richtung Lebensplanung ist Jann vermutlich so manchem Gleichaltrigen etwas voraus: sein aktueller Berufswunsch sei Maschinenbauingenieur wie er sagt, nachdem er sich zuvor aber auch schon mal als Jurist oder Umweltingenieur gesehen habe.

Das war´s!

Das war´s!

Wir sind jedenfalls weiterhin sehr gespannt und werden Jann beobachten, wie es mit ihm weitergeht, sowohl hinsichtlich seiner Karriere als Boxer als auch privat.

Was das Boxen angeht, meint Jann, werde sein Trainerteam bestehend aus Sebastian und Robert Tlatlik nun zunächst alles Zukünftige weiter planen, das Ganze soll schließlich auch Spaß mit sich bringen. Und jetzt kommt als nächster Termin als allererstes Weihnachten!

In diesem Sinne ganz herzlichen Glückwunsch von uns und weiterhin viel Erfolg!