Vorkampf Klitschko – Interview mit Robert Tlatlik

RobertMedallienDas dritte Interview haben wir mit Robert Tlatlik geführt, welcher ebenfalls im Vorkampf zum Klitschko Event am kommenden Samstag zu sehen sein wird. Robert ist 27 Jahre alt, 1,70 m groß und tritt mit einem Kampfgewicht von 63,5 kg, sprich in der Klasse des Superleichtgewichtes an. Er ist amtierender Deutscher Meister bei der GBA in seiner Klasse.

Robert, wie bist Du zum Boxen gekommen?

Eigentlich über einen Freund in der Grundschule, den ich später nach der Schulzeit wieder getroffen habe. Er hat mir von einem Jugendhaus erzählt, wo er öfter zum Boxen hinging und fragte mich, ob ich nicht auch mitkommen wolle. Ich bin der Einladung gefolgt und es hat mir direkt sehr viel Spaß gemacht. Letztlich bin ich sogar alleine weiter dort hingegangen ohne meinen alten Schulfreund. Nach einiger Zeit fragte mich der Trainer, welcher dort lediglich ehrenamtlich nebenbei tätig war, ob ich nicht direkt in den Verein eintreten möchte, den BC Essen Steele. Lustigerweise war mein Bruder Sebastian dort auch schon ohne mein Wissen eingetreten und so hatten wir beide fast gleichzeitig dieselbe Idee!

Da im Jugendhaus ansonsten niemand großartiges Interesse am Boxen hatte, ging ich also in den Verein und intensivierte mein Training, anfangs auf 2-3 mal in der Woche, dann 4 mal und schließlich habe ich sogar täglich trainiert. Ich war damals 14 Jahre alt und habe auch meine ersten Kämpfe bestritten. Ich weiß es noch genau: mein erster Amateurkampf fand im November statt und ich war eigentlich ziemlich erkältet, wollte aber auf keinen Fall den Kampf absagen. So war ich nicht großartig aufgeregt, da ich in erster Linie mit der Erkältung zu kämpfen hatte. Ich war gut vorbereitet und mein Trainer sagte mir, dass der Gegner ohnehin nicht gut sei, den würde ich direkt „weghauen“ seiner Meinung nach. Im Ring habe ich daher sofort „Vollgas“ gegeben und siehe da, in der dritten Runde war bei mir langsam die Luft raus. Ich habe den Kampf trotzdem nach Punkten in der dritten Runde gewonnen. Aber dies war mir eine Lehre, ich sagte mir „Nichts mehr überstürzen zukünftig!“.

Wie ging es weiter mit Deiner Karriere als Boxer, Robert?

Wir sind danach mit dem Verein viel auf sogenannte Sichtungsturniere gefahren, auf denen geschaut wurde, wer so da ist an Gegnern und wer gut gegeneinander kämpfen könnte. Ich habe zunächst die Bezirksmeisterschaften gewonnen für den Bezirk Rhein-Ruhr-Wupper, im Anschluss die Niederrheinmeisterschaft und qualifizierte mich dann für die Westdeutsche Meisterschaft. Bei meiner dortigen Teilnahme habe ich den ersten Kampf gewonnen, bin aber im Finale ausgeschieden: ich wurde also insgesamt zweiter und damit Westdeutscher-Vizemeister! Das war im Jahr 2003, also vor ca. 12 Jahren, also ich noch nicht ganz 15 Jahre alt war.RobertBoxen

Ich habe mich weiter vorbereitet und bin schließlich 5. bei den ersten deutschen Meisterschaften geworden, wo ich wirklich sehr starke Gegner hatte. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich insgesamt 17 Kämpfe bestritten und habe damals nach Punkten verloren. Es folgten zahlreiche Lehrgänge bis zur Teilnahme an der NRW Auswahl sowie der Niederrheinauswahl, Vergleichskämpfe mit Gegnern aus verschiedenen anderen Bezirken, auch international in Polen oder Holland beispielsweise.

Dann bin ich wieder bei den Deutschen Mannschaftsmeisterschaften angetreten, diesmal für Heidelberg in der Oberliga. Heidelberg war zu der Zeit Olympiastützpunkt. Ich war noch nicht volljährig und daher war dies damals noch etwas Besonderes in dem Alter, ich musste eine Einverständniserklärung meiner Eltern beibringen sowie ein Gutachten vom Arzt etc. Das klappte aber alles und so machte ich erste Liga-Erfahrungen, dann in der 2. Bundesliga, danach weiter in die 1. Bundesliga. Mit dem Verein in Velbert war ich einige Jahre am Stück hintereinander Deutscher Mannschaftsmeister – ich bin dies 2-3 Mal geworden – es war quasi zur Blütezeit des Vereins, Velbert war zu der Zeit sehr bekannt. Eine Saison lang wurde ich schließlich sogar an den Kölner Verein ausgeliehen, um noch mehr Kämpfe bestreiten zu können. Ich machte eine klassische Bundesligakarriere, nahm an Einzelmeisterschaften teil und war in der Nationalmannschaft aufgestellt. Wir reisten nach Russland, England, nahmen u.a. an internationalen Turnieren in Polen teil und vieles mehr. Es war insgesamt eine sehr interessante Zeit, in welcher ich viel herumgereist bin und jede Menge interessante Leute kennengelernt habe.

Weshalb bist Du schließlich von den Amateuren zu den Profis gewechselt?

In der Amateurzeit habe ich irgendwann die Motivation verloren, da dort leider keine Weiterentwicklung mehr möglich war. Es wurden die vor Ort ansässigen Internatsinsassen oder die Sportsoldaten bevorzugt bei der Auswahl für die Olympiamannschaft. Es gab daher keine realistische Chance, sich wirklich zu steigern oder zu verbessern.

Stattdessen hat sich die Möglichkeit ergeben, bei Stefan Freudenreich in Düsseldorf Profi zu werde. Ich habe ihm meine Situation geschildert und wir haben uns augenblicklich gut verstanden. Es hat einfach gepasst, wie man so schön sagt. Im Jahr 2011 habe ich  meinen ersten Profikampf in Essen bestritten im Vorprogramm einer MMA (Mixed Martial Arts) Veranstaltung. Dort bin ich bei meinem Debut gleich böse umgeknickt, ich hatte noch lange Probleme mit dem Knöchel im Nachhinein, habe aber trotzdem bis zum Ende weiter gekämpft und schließlich durch „KO“ gewonnen.

Wir haben mir dann immer neue Gegner gesucht, die ich auch geschlagen habe, die Vorbereitungen wurden intensiver und spezieller, man hat ausdauernder gearbeitet,  es war völlig anders als im Amateurbereich. Ich habe mich quasi „von Kampf zu Kampf gehangelt“, es wurden internationale Gegner eingeladen, die ich immer wieder besiegt habe. Schließlich habe ich um die Deutsche Meisterschaft gekämpft bei der GBA (German Boxing  Association), welche ich ebenfalls gewonnen habe. Ebenso wie jetzt am Samstag, wo es bei meinem Kampf wieder um die Deutsche Meisterschaft geht. Dieses Mal nur in dem ältesten Deutschen Boxverband, dem BDB = Bund Deutscher Berufsboxer aus Norddeutschland, d.h. dem wichtigsten Boxverband schlechthin in Deutschland.

Wie hast Du Dich auf den Kampf am Samstag vorbereitet?

Ich kämpfe am Samstag gegen Said Rahimi. Er ist genauso groß wie ich und 5. in der Rangliste. Er ist bekannt dafür, gerne „drauf zu hauen“. Aber ich bin wie immer gut vorbereitet, ich habe eine wirklich harte Vorbereitungszeit hinter mir und habe ein gutes Gefühl! Ich habe mich seit Wochen „gequält“ und freue mich jetzt einfach, dass ich endlich kämpfen kann! Es ist schon eine Kunst für sich, so auf den Punkt zu trainieren, dass man genau an dem Tag des Kampfes im Bestzustand ist und entsprechend abliefern kann. Das Training macht Spaß, es ist zwar hart, aber es bringt etwas!

Freudenreich ist sehr bekannt in der Düsseldorfer Boxszene, selbst viele ältere Herren haben in ihrer Jugend oft bei ihm trainiert und erzählen davon.

Möchtest Du noch etwas privat zu Dir sagen, Robert?

RobertHutNach dem Abitur habe ich zunächst ein freiwilliges soziales Jahr gemacht und im Anschluss daran  noch ein Jahr im Kasino in Duisburg als Croupier gearbeitet, danach noch ein halbes Jahr als Aushilfe und zeitgleich „angewandte Kognitions- und Medienwissenschaften“ studiert. Den Abschluss als Bachelor mache ich im nächstem Jahr.

Ich bin zwar in Polen geboren, in Oberschlesien, in der Stadt Königshütte. Ich fühle mich aber weder als Pole noch als Oberschlesier, sondern als Deutscher. Ich spreche Deutsch als beste Sprache, meine Eltern kommen beide aus Polen, ich habe die Sprache erst hier gelernt, aber Polnisch kann ich im Endeffekt nur reden, jedoch nicht wirklich schreiben.

Ich habe schon immer in Essen gelebt, wohne dort gerne und habe hier eine schöne Kindheit verbracht.  Im Boxen möchte ich weiterkommen, ansonsten habe ich mich beruflich noch nicht richtig entschieden, die Auswahl ist einfach zu groß.

Mein Onkel lebt seit einigen Jahren in Thailand mit seiner Familie, dort ist alles etwas entspannter als hier. Vermutlich liegt das am Wetter, es ist wärmer dort, das Leben spielt sich vorwiegend draußen ab, auf den Straßen. Den Leuten hier macht ihre Arbeit keinen Spaß, habe ich oft das Gefühl. Man kann dies beobachten, wenn man z.B. frühmorgens mit öffentlichen Verkehrsmitteln fährt: die Menschen sehen unmotiviert aus auf ihrem Weg zur Arbeit, sie lachen nicht oder kaum, sie sind nicht glücklich meiner Meinung nach.

Ich finde es daher schwierig, den richtigen Beruf zu finden. Im Casino zu arbeiten, hat viel Spaß gemacht, ich habe grundsätzlich kein Problem damit, 40 Stunden oder mehr in der Woche zu arbeiten. Nur leider war es ein Nachtjob, daher lebte man leider an der Familie und den Freunden vorbei.

RobertSingapurMeine Hobbys sind vor allem das Reisen, dafür spare ich hauptsächlich mein Geld. Es muss immer möglichst weit weg gehen, damit ich neue Kulturen kennenlerne und viele neue Eindrücke etc. gewinnen kann. Wenn ich zu Hause bin, gehe ich gerne ins Kino. Ich mag alle Richtungen, Action, Science Fiction oder auch Komödien. Mir gefällt dabei besonders die Atmosphäre im Kino, der Geruch nach Popcorn und das Ambiente. Empfehlen kann ich die Lichtburg hier in Essen, sie hat den größten historischen Kinosaal Deutschlands.

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