Der “Weihnachtsfrieden” – “Christmas Truce”

Der einzige bekannte und als solcher bezeichnete “Weihnachtsfrieden” (“Christmas Truce”) größeren Ausmasses bei Frontkämpfen in der Historie der beiden Weltkriege fand, wie überliefert ist, an den Weihnachtsfeiertagen im Jahr 1914 an einer ca. 50 km langen Linie in Belgien nahe der Stadt Ypern statt. Statt Handgranaten sollen Soldaten eines sächsischen Regiments nahe der französischen Stadt Armentières sorgfältig verpackte Schokoladenkuchen zur feindlichen Frontlinie der Briten geworfen haben, mit einer versteckten eingebackenen Botschaft, doch bitte zwischen 19.30 und 20.30 Uhr am Heiligen Abend Waffenruhe einzuhalten. Es wurden zunächst abwechselnd, sodann gemeinsam deutsche und britische Weihnachtslieder gesungen, man bestattete gemeinsam die gefallenen Kameraden, traf sich in der Mitte des sogenannten “Niemandslandes” und tauschte Zigaretten, Tabak und diverse andere Luxusgegenstände wie Gebäck, insbesondere britischen Plumpudding, Alkohol oder kleine, per Post übersandte aufklappbare Fronttannenbäume aus, unterhielt sich, rauchte zusammen und spielte am “Boxingday”, dem zweiten Weihnachtsfeiertag wie in England traditionell üblich, zusammen eine Partie Fußball. Diese Verbrüderungen fanden größtenteils ohne Kenntnis der jeweiligen Heeresleitung sowie des Riskierens des eigenen Lebens statt, denn auf die Verbrüderung mit dem Feind stand damals die Todesstrafe. Weihnachtsfrieden2

Als dieses friedliche Zusammenstehen leider nach ein paar Tagen publik wurde und der erneute Kriegsbefehl an die gegnerischen Truppen erging, wurde zunächst über die Köpfe der nun zum Teil persönlich bekannten Soldaten der feindlichen Truppen hinweg geschossen. Erst Anfang Januar soll dieser “Weihnachtsfrieden” durch Salutschüsse beendet worden sein, es folgten weitere erbarmungslose 44 Monate im Einsatz an der Front. Und dass obwohl die Soldaten sich schon an Weihnachten 1914 wie sinnloses “Kanonenfutter” ohne wirkliche Aussicht auf Erfolg innerhalb des langwierigen und auszehrenden Stellungskrieges an der Westfront gefühlt hatten. Schon Paul McCartney verarbeitete diese Geschehnisse mit seinem Song “Pipes of Peace”, sie sind zudem Gegenstand eines Spielfilmes von Richard Attenborough (“Oh, what a lovely War”). In der offiziellen Geschichtsschreibung wurden die Ereignisse jedoch weitgehend totgeschwiegen oder der Wahrheitsgehalt ihres tatsächlichen Stattfindens gerne in Frage gestellt. Disziplinarische Konsequenzen soll es im übrigen für die beteiligten Soldaten damals nicht gegeben haben.

Angesichts der aktuell leider für einige Länder dieser Erde auch dieses Jahr wieder mit Kriegsereignissen einhergehenden Weihnachtsfeiertage und der z.B. seitens Ursula von der Leyen euphorisch unterstützten Kriegseinsätze der Deutschen Armee im Ausland, sollte man sich diese Ereignisse lieber eindringlich vergegenwärtigen: nach Aussage zahlreicher Überlebender, welche den damaligen “Weihnachtsfrieden” miterleben durften, wären die Waffen aus der Sicht der Soldaten niemals wieder für weitere Kriegshandlungen aufgenommen worden!

Auf die sehr fragwürdige moralische Haltung so manchen Politikers, welcher persönlich in seinem Schicksal von derart von ihm selbst befohlenen Kriegshandlungen nicht im mindesten betroffen ist, brauchen wir wohl nicht hinweisen.

Y_Magazin„Krieg ist ein Zustand, bei dem Menschen aufeinander schießen, die sich nicht kennen, auf Befehl von Menschen, die sich wohl kennen, aber nicht aufeinander schießen.“ (George Bernard Shaw)

(Quelle: Y-Magazin der Bundeswehr)