Auch in der Nachschau zu dem Event am Samstag haben wir unsere drei Kämpfer wieder interviewt und wollten von Ihnen wissen, wie sie es erlebt haben und ihre eigenen Kämpfe so gelaufen sind. Wir beginnen mit Robert Tlatlik, der am Samstag den Titel des Deutschen Meisters im Superleichtgewicht des BDB gewonnen hat:
Robert, wie fühlst Du Dich vor Deinen Kämpfen?
Oh, das ist von Kampf zu Kampf unterschiedlich, aber mittlerweile weiß man ja, was auf einen zukommt. Die Zeit kurz vor dem Kampf ist eher unspektakulär, ich schlafe etwas in der Kabine während der Wartezeit und versuche mich, zu entspannen. Glücklicherweise gab es am Samstag eine klare zuvor festgelegte zeitliche Abfolge. Man weiß daher genau, wann man dran ist. Ich habe mir noch die Kämpfe vor mir angesehen und bin dann langsam in die Kabine gegangen. Der Unterschied dieses Mal war, dass der gegnerische Trainer sich in der gleichen Kabine aufhielt und sich angeschaut hat, wie die Bandagen gewickelt wurden. Da es sich bei mir um einen Titelkampf handelte, kam zudem ein Delegierter vom BDB (= Bund Deutscher Berufsboxer) vorbei und zeichnete die Bandagen ab, d.h. diese werden an mehreren Stellen unterschrieben vom ihm, so dass sie nachträglich nicht mehr verändert werden können.
Weshalb wird dies so gemacht bei den Bandagen?
Na ja, sie schauen, dass man z.B. kein Hufeisen mit einwickelt (lacht), nein im Ernst, es gibt gewisse Regeln, man darf beispielsweise nicht auf nackter Haut tappen und insbesondere die Schlagflächen dürfen nicht getappt werden, dort müssen als erste Schicht Mullbinden drauf. Ich vermute, die Hand würde ansonsten härter, zumindest an der Schlagfläche auf den Knöcheln. Insofern wird aufgepasst, dass die Regeln eingehalten werden durch die Delegierten. Diese zeichnen auch ab, wenn die Handschuhe geschlossen werden vor dem Kampf. Sie dürfen danach nicht mehr geöffnet werden. Natürlich darf man auch keine eigenen Handschuhe benutzen. Dies läuft folgendermaßen ab: am morgen vor dem Kampf werden die jeweils passenden Handschuhe für den jeweiligen Kämpfer ausgewählt, dieser kann sie dann anprobieren etc. und im Anschluss werden die Handschuhe dem Delegierten vom BDB mitgegeben und erst direkt vor dem Kampf am Abend wieder an den Boxer herausgegeben, so dass diese auf gar keinen Fall in irgendeiner Weise manipuliert werden können. Die Handschuhe sind daher immer neu und ungebraucht und sitzen schön eng, das ist meines Erachtens ein großer Vorteil, auch die Qualität war am Samstag gut. Die eigenen Handschuhe sind ja vom jahrelangen Training meist ohnehin schon völlig „weich“ geboxt, diese zu benutzen hätte daher auch unter dem Blickwinkel der Eingewöhnung meiner Meinung nach keinen Sinn.
Nach diesem Prozedere habe ich mich in der Kabine warm gemacht und noch anhand von ein paar Übungen mit meinem Trainer Stefan Freudenreich auf den Kampf vorbereitet, bis ich schließlich aufgerufen wurde und dann war es auch schon soweit!
Bist Du vor dem Kampf aufgeregt gewesen?
Nein, ich bin ehrlich gesagt nicht mehr aufgeregt vorher. Ich habe schon über 100 Kämpfe in meinem Leben bestritten, man gewöhnt sich daran, vor allem an die schönen Dinge, an die tolle Atmosphäre und vor allem wie am Samstag daran, vor einer derartigen Kulisse zu kämpfen. Das passiert natürlich nicht alle Tage. Bei einem Kampf von Klitschko handelt es sich europaweit immer um die größten Veranstaltungen im Boxbereich, das zeigt sich schon an der Größe des Stadions. Die Esprit-Arena wird eigentlich als Fußballstadion genutzt, es war zudem alles von vorne bis hinten durchorganisiert und geplant. Es sind dort zig Leute vor Ort, die dies alles organisieren und verantwortlich dafür sind, dass es reibungslos läuft. Und aufgrund dessen funktioniert dann auch alles „wie geschmiert“. Unten ist stets ein VIP Bereich mit allerlei Prominenten, Schauspielern etc. die man aus dem Fernsehen oder Kino kennt, Axel Schulz moderiert in der Regel und dieses Mal ist noch Rod Stewart aufgetreten und im Anschluss saß er selbst dort unten am Ring und hat zugeschaut.
Wie war der Kampf selbst?
Der Kampf war gut, ich bin wirklich zufrieden. Natürlich habe ich mir diesen im Nachhinein in der Aufzeichnung noch einige Male kritisch angeschaut und selbstverständlich sieht man selbst immer noch an der ein oder anderen Stelle Verbesserungspotential und findet etwas, was man noch besser hätte machen können. Aber insgesamt ist der Kampf schon sehr gut gelaufen, ich habe mich von Runde zu Runde etabliert, 2 Runden habe ich zwar an meinen Gegner abgegeben, aber in der 3. Runde habe ich meinen Gegner bereits so angeschlagen, dass er angezählt wurde. Der Kampf war auf 10 Runden angesetzt, jedoch hat der Ringrichter den Kampf schließlich in der letzten Runde abgebrochen wegen TKO, das heißt „Technisches KO“. Dies bedeutet, dass der Gegner nicht mehr kann und es abzusehen ist für den Ringrichter, dass dieser quasi „fertig“ ist. Mein Gegner war schon ganz wacklig auf den Beinen, es war deutlich erkennbar, dass dieser nicht mehr weiter boxen können würde und sich auch nicht mehr gegen mich würde wehren können. Ein technisches KO sprechen die Ringrichter heutzutage überwiegend aus gesundheitlichen Gründen für den Unterlegenen aus. Es muss nicht mehr ein ganz schweres KO erzielt werden, wie in alten Zeiten.
So ein technisches KO wird aufgrund der subjektiven Einschätzung des amtierenden Ringrichters ausgesprochen. Dieser hat das Wort und trifft die Entscheidungen, er ist am nächsten dran und wenn er sieht, dass der Unterlegene nicht mehr kann, hat er das Recht, ihn aus dem Kampf rauszunehmen, damit dieser keine unnötigen Schläge mehr kassieren muss. Natürlich würde man selbst als voraussichtlicher Sieger meistens gerne noch etwas weiter kämpfen, um einen eindeutige Sieg für das Publikum zu erringen. Aber diese Entscheidungen sind schon vernünftig. Und selbstverständlich sind die Entscheidungen der Ringrichter nicht willkürlich, sondern diese haben genug Routine und Kampferfahrungen, um sie treffen zu können. Auch werden diese im Nachhinein nochmals kontrolliert und der ein oder andere hat „ein Auge darauf“.
Was sagst Du zu Deinem Gegner?
Said Rahimi war mir völlig unbekannt vorher, ich habe ihn „live“ das erste Mal auf der Waage gesehen. Aber nach dem Kampf haben wir uns noch ganz nett unterhalten, er scheint ein netter Typ zu sein und machte einen sehr freundlichen und sympathischen Eindruck. Auf der Waage habe ich gleich gesehen, dass dieser vom Körperbau her ziemlich durchtrainiert aussah, man nennt dies „trocken“ vom Körper her, d.h. man konnte die Bauchmuskulatur etc. deutlich hervortreten sehen, er hat einen sehr definierten Körper im Gegensatz zu mir jedenfalls (lacht wieder), was für das Boxen eher untypisch ist. Zumindest kommt es glücklicherweise nicht darauf an, sondern darauf wer am besten boxt!
Vor dem Kampf gibt es in der Regel kein näheres Kennenlernen mehr, man sieht sich am Tag vorher morgens beim offiziellen Wiegen, steht sich kurz gegenüber und schaut sich in die Augen beim sogenannten „stare down“, guckt gemeinsam in die Kamera für das Pressefoto und danach sieht man sich erst im Ring wieder zum Kampf. Näherer Kontakt ist zwar vorher nicht verboten, aber es besteht eigentlich kein Interesse daran auf beiden Seiten. Jeder ist für sich und beim Kampf sieht man sich halt wieder!
Was hast Du am Sonntag, dem Tag nach dem Kampf gemacht?
Ich habe erst mal ausgeschlafen, das war sehr schön. Zunächst war ich mit einem guten Freund Kaffee trinken und Kuchen essen, danach war ich natürlich bei meinen Eltern und musste dort nochmal alles vom Kampf am Samstag detailliert erzählen, ansonsten war es sehr entspannt wie immer mit meinen Eltern. Und abends war ich schließlich mit meiner Freundin lecker Steak essen und habe den Abend locker ausklingen lassen. Insgesamt war es daher ein sehr schöner ruhiger Tag.
Robert, wie geht es geht es jetzt weiter?
Zunächst habe ich den Winter über Kampfpause, die Uni steht wieder im Vordergrund, ich muss für zahlreiche Prüfungen lernen. Meinen nächsten Kampf plane ich daher erst wieder im Frühjahr, im März oder April, es gibt noch keine genauen Daten. Grundsätzlich gibt es zwar Wettkampfveranstaltungen schon im Januar oder Februar, aber das muss nicht sein, finde ich. Ich habe gerne über Weihnachten Pause, dann kann ich abschalten, habe ein bisschen Ruhe, um die Vorweihnachtszeit zu genießen. Ich brauche wirklich keinen Kampf am Heilig Abend oder so … apropos … jetzt muss ich auch los, der Weihnachtsmarkt wartet auch mich!
“Ich bedanke mich bei all meinen Sponsoren für die Unterstützung und die Ausstattung (ohne euch wäre das nicht möglich!), meinem Trainer Stefan für die harte Vorbereitungsphase, meinen Trainingspartnern und jedem der mich beim Kampf angefeuert hat und mir die Daumen gedrückt hat.”
Viel Spaß und herzlichen Glückwunsch auch von uns zum errungenen Deutschen Meistertitel im Superleichtgewicht des BDB!