Am 17. April diesen Jahres verstarb nun Hannes Lindemann im Alter von 93 Jahren, der Pionier des Autogenen Trainings in Deutschland, welcher berühmt wurde durch seine Atlantiküberquerungen mit dem Faltboot und anderen Kleinstboot-Modellen wie dem Einbaum.
Im Herbst 2013 hatten wir noch das Glück und die Ehre, mit ihm ein letztes Interview führen zu können, was uns tief bewegt hat. Im Zuge unseres Besuches bei ihm zeigte er uns auch seine zahlreichen, von ihm selbst gemalten Bilder sowie andere Erinnerungsstücke seiner vielen Reisen und Aufenthalte in der ganzen Welt. Auch im hohen Alter war er noch ein sehr beeindruckender Mann.
Unser Mitgefühl seinen Angehörigen, auch wenn wir schon damals den Eindruck hatten, dass er voller Zufriedenheit auf sein äußerst erfülltes Leben zurück blickte und mit sich selbst, seiner Umwelt und allem Erlebten in völligem Frieden und Einklang stand.
Am Rande des Interviews vom 12.11.2013 erinnerten wir uns mit Herrn Dr. Lindemann zusammen daran, dass er bereits als 35-jähriger mit einem serienmäßig gefertigten Faltboot alleine eine Atlantiküberquerung hinter sich brachte, bei der er lediglich 3 Liter Trinkwasser, dafür aber ca. 90 Dosen Kondensmilch und ungefähr 70 Dosen Bier sowie diverse Lebensmittelkonserven bei sich führte. Die Verpflegung bestand infolge dessen hauptsächlich aus selbst gefangenem rohen Fisch, auch versuchte Herr Dr. Lindemann aus Salzwasser Trinkwasser zu gewinnen. Ziel des Unterfangens war insbesondere zu erfahren und aufzuzeigen, unter welchen schwierigen Umständen Schiffbrüchige überleben können sowie die Anwendung des Autogenen Trainings in dieser Ausnahmesituation zu testen. Die direkte Frage, ob ihm letzteres tatsächlich geholfen habe, beantwortete er jedoch lediglich lachend mit den Worten „Ich lebe ja noch!“
Er hatte zu dem Zeitpunkt der Überquerungen bereits eine Kriegsverletzung an seinem linken Arm, welche ihn ebenfalls beim Rudern und der weiteren Fortbewegung auf dem Wasser einschränkte. Trotzdem schaffte er die Überquerung in 72 Tagen fast unversehrt bis auf die Tatsache, dass er beispielsweise zunächst an Land getragen werden musste, da er nach eigener Aussage nach so langer Zeit in ausschließlich sitzender Position nicht mehr ohne weiteres in der Lage war, zu laufen. Und nicht zu vergessen, er hatte insgesamt über 25 Kilo an Körpergewicht verloren.
Erstaunlicherweise beschrieb Herr Dr. Lindemann die Überquerung im Faltboot als anstrengender als die ein Jahr davor durchgeführte Atlantiküberquerung im Einbaum, welcher ohne Segel oder Seitenruder von ihm gesteuert wurde.
Er erinnerte sich zudem an seine Zeit mit Albert Schweitzer, mit welchem er in der Folge in Lambarene in dessen Buschkrankenhaus in Afrika zusammen arbeitete. Darüber hinaus ist auf der Insel Helgoland noch heute eine Straße nach Dr. Hannes Lindemann benannt, welche an seine Bedeutung erinnert.
Ich habe sein Buch “Alleine über den Ozean” gelesen und erinnere mich noch an die Beschreibung, wie er sich tagelang an sein gekentertes Boot festklammerte, bis der Sturm endlich nachlies. Er hat es um Haaresbreite geschafft, zu überleben, ein Abenteurer der alten Schule.